Dass Ahmadi Muslime sich nicht nur in England, sondern nun auch in Deutschland immer öfter mit einer Anti-Ahmadiyya Propaganda auseinandersetzen müssen, hat nicht zuletzt der Skandal um meine Einladung zur ARD-Sendung „Menschen bei Maischberger“ gezeigt.

„Kopftuch und Koran – Hat Deutschland kapituliert“ lautete der Titel der Sendung, die während des Höhepunkts der Integrationsdebatte um Sarazzins Thesen lief.  Ich war eingeladen worden und bereits auf allen offiziellen websites sowie im Trailer der Sendung angekündigt, und bin bis heute auf der ARD-Mediathek als Gast aufgelistet. Doch nur einen Tag vor der Aufzeichnung der Sendung wurde ich wieder ausgeladen mit der Begründung, es gäbe Druck seitens muslimischer Gruppen.

Nur wenige Tage nach der Sendung tauchte dann zufällig dieses Video auf, das zeigt, wie eine Journalistin der Maischberger Redaktion versucht, den teils radikal orientierten Salafi Pierre Vogel für die Sendung zu gewinnen – da dieser mit seinen extremen Ansichten sicherlich als quotenwirksam  gilt. Doch als Pierre Vogel erfährt, dass auch eine Ahmadi Muslima eingeladen wird, macht er ihre Ausladung zur Bedingung für sein Erscheinen. Erschreckend ist nun, dass Journalisten eines öffentlich-rechtlichen Senders, der einen staatlichen Informationsauftrag hat, sich darauf einlassen und sich von einem Pierre Vogel diktieren lassen, wer eingeladen wird und wer nicht. Ganz abgesehen davon, dass man unter journalistischer Recherche etwas anderes versteht, als die völlige Ahnungslosigkeit der Journalistin bezüglich der Ahmadiyya Muslim Jamaat.

Das Skandal-Video machte seinen Runden und es hagelte Proteste – die Maischberger Redaktion bestritt eine kategorische Diskriminierung von Ahmadis und versprach Ahmadis einzuladen, wenn der Reformbedarf des Islam thematisiert werde.

Die Sendung selbst lief recht konfus, Pierre Vogel konnte unwidersprochen behaupten, der Islam lehre, alle „Ungläubigen“ kämen in die Hölle – niemand kam auf die Idee diesen Koranvers (2:63) als Gegenargument anzuführen. In der Sache gut, aber im Auftritt zurückhaltend verteidigte Irmgard Pinn, die nun als Muslima eingeladen war, die Stellung der Frau im Islam – das sei ein zu komplexes Thema, was man nicht im Rahmen der Sendung besprechen könne, antwortete sie defensiv auf die Frage, ob es eine Gleichberechtigung im Islam gebe. Was soll der Zuschauer daraus schließen? Hoffentlich nicht, dass die Frau offensichtlich nicht gleichberechtigt ist. Überraschend das Verhalten der Moderatorin, die Pierre Vogel unterbrach und der Schwester eines Ehrenmord-Opfers das Wort gab mit dem Hinweis „Bei uns heißt es Ladys first“ – doch niemand erklärte ihr, dass das Prinzip „Ladys first“ auch durch den Propheten Muhammad saw etabliert worden war. Und so wurde im Titel zwar das Thema Kopftuch angekündigt, doch gesprochen wurde darüber nicht – die einzige Kopftuchträgerin der Runde war ja bereits ausgeladen worden.

Direkt die anschließende Maischberger-Sendung beschäftigte sich dafür umso ausführlicher mit dem Thema Kopftuch, dieses Mal mit der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer  und einer „echten“ Kopftuchträgerin. Doch diese führte  v.a. soziale und psychologische Gründe für das Tragen eines Kopftuches an, wofür sie von Schwarzer nur milde belächelt wurde. Schwarzer  und eine ebenfalls islamkritische Filmemacherin wurden nicht müde, das Kopftuch als ein Symbol der „Unterdrückung und Geschlechterapartheid“ zu bezeichnen, da nur Frauen das Kopftuch tragen würden. Merkwürdig nur, dass niemand die Gunst der Stunde nutzte und die beiden Kopftuchkritikerinnen auf die „Symbole der Geschlechterapartheid“ hinwies, die sie ihrer merkwürdigen Defintion zufolge selbst zum Zeitpunkt der Sendung trugen – Männer mit Perlenketten und Röcken sind schließlilch ebenso selten anzutreffen, wie kopftuchtragende Männer.

Die Männer der Maischberger Runde dagegen trugen vornehmlich einen Anzug und dieser bietet uns ein gutes Beispiel, um auf den zweiten zentralen Vorwurf der Frauenrechtlerin einzugehen, der sich durch ihr neues Buch „Die große Verschleierung“ zieht, wie etwa in diesem Zeit-Artikel von Iris Radisch  zu lesen ist. Schwarzer behauptet, das Kopftuch sei ein politisches Symbol, da damit ein Menschenbild einhergehe, „nach dem Frauen unrein und dem Mann nachgeordnet sind“. Denn, so heißt es zur Begründung,  es gäbe im Islam die Vorstellung, dass die Frau durch das bloße Frausein keine Würde habe. Daher müsse eine Frau das Kopftuch tragen, um ihre verlorene Würde wiederzuerlangen. “ Eine unverschleierte Frau ist deswegen immer würdelos“, lautet die Schlussfolgerung. Diese Interpretation ist zwar weitesgehend eine Erfindung ihrer selbst; doch auch, wenn wir annehmen, das Kopftuch würde getragen werden, um Frauen ein gewissen Würde zu verleihen, hinkt die Kritik damit würde die Unterdrückung der Frau zementiert.

Denn nach gemäß einer solchen Logik ist der Anzug eines Politikers auch ein politisches Symbol der Unterdrückung des Mannes. Ein Mann, der einen Anzug trägt, möchte, wenn man so will, eine gewisse Würde ausstrahlen und diskriminiert damit also alle Männer, die nur in Jeans und Schlabberlock herumlaufen? Alle nicht-Anzug-tragenden Männer werden Schwarzers Logik zufolge daher als unrein und würdelos diskreditiert. Verbieten wir also alle Anzüge!

Schade nur, dass niemand Frau Schwarzer und Konsorten auf ihre absurden Denkfehler hingewiesen  hat. Das war nichts, sorry Frau Maischberger. Sogar der Spiegel resümierte in seiner Nachkritik der Sendung„Das misslang gründlich“.